Die Formulierung neuer LAN-Verkabelungsnormen ist ein langwieriger Prozess, der mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Dabei konzentriert sich der Großteil der Spezifikationen auf leistungsstärkere Kabel und Steckverbinder, die neue Applikationen wie Gigabit-Ethernet mit Übertragungsraten von 10, 25 und 40 Gbit/s unterstützen sollen. Von der ersten Konzeption bis zur Verabschiedung neuer Normen können so durchaus 5 – 10 Jahre vergehen. Das ist die Zeitspanne, die oftmals für die Verabschiedung neuer Leistungskategorien/-klassen für Kabel benötigt wird. Gelegentlich führen nur scheinbar kleine Veränderungen aber dazu, dass die ganze Branche aufhorcht und sich demzufolge das Tempo erhöht.


Ein „Modular-Plug-Terminated-Link“ oder MPTL ist nichts weiter als ein Ethernet-Kabel, das auf einer Seite mit einer modularen RJ 45 Buchse und auf der anderen Seite mit einem modularen RJ 45 Stecker abgeschlossen ist. Ein „Permanent Link“ dagegen ist an beiden Enden mit Buchsen konfiguriert. Das klingt relativ simpel, oder? Ist es aber nicht – sondern ganz im Gegenteil!


Die Installation ist die eine Seite, das Testen die andere Seite der Medaille

Auch wenn die Bezeichnung „MPTL“ für viele neu ist, reicht die Praxis der Konfektionierung von LAN-Kabeln mit einer Buchse an einem und einem Stecker am anderen Ende zurück bis zu den Anfängen der Twisted-Pair-Verkabelung. Eine MPTL-Strecke ist für diejenigen Anwender zweckmäßig, die ein Gerät mit einem Kabel direkt in ein Netzwerk einbinden möchten. Das machen die Installateure von IP-Sicherheitskameras seitdem es die IP-CCTV-Technik gibt.


Heute sind nahezu alle Gebäudesysteme wie A/V-Systeme, Sicherheits-, Zugangskontroll- und Beleuchtungssysteme sowie Klimaanlagen entweder über Ethernet-Kabel angeschlossen oder bieten die Möglichkeit der Einbindung in ein Netzwerk. Das bedeutet, dass die Verkabelung zur Übertragung dieser Dienste jetzt in das Blickfeld der Kommunikationsplaner rückt, die bei der Kabelleistung kein Risiko eingehen wollen. Planer, die kostenintensive Hochleistungsverkabelungen ausarbeiten, betrachten Übertragungsstrecken, die auf der Geräteseite mit einem Stecker abgeschlossen sind mit Argwohn. Der Grund für dieses Misstrauen liegt darin, dass es aktuell noch keine Testnormen für Kabel gibt, die an einem oder an beiden Enden mit einem Stecker abgeschlossen sind.


Normen für LAN-Verkabelungen

Sowohl die Normenreihe ISO/IEC 11801 als auch die Verkabelungsstandards ANSI/TIA 568 legen technische Parameter und Installationsmethoden für LAN-Verkabelungen im gewerblichen Umfeld fest. Die Leistungsparameter der Komponenten werden von der ISO /IEC und der TIA mit den Kategorien 3 bis 8.1 bzw. 8.2 definiert. Weltweit werden heute Komponenten der Kategorie 5e, 6 und 6A eingesetzt. Für Spezialanwendungen stehen Komponenten anderer Kategorien zur Verfügung.


Nach der Installation wird die Verkabelung mit einem LAN-Kabelzertifizierer getestet, um nachzuweisen, dass das gesamte System die Leistungsparameter, die die einzelnen Komponenten versprechen, auch einhält. Die ISO/IEC bewertet die Systemleistung mit der Klasse D für Komponenten der Kategorie 5e, mit der Klasse E für Komponenten der Kategorie 6 und mit der Klasse EA für Komponenten der Kategorie 6A. Die ANSI/TIA hat verschiedene Kategorien für installierte Kabel formuliert, die mit den für die Komponenten gültigen Kategorien identisch sind. Demzufolge wird die Systemleistung der Kategorie 6A mit Komponenten der Kategorie 6A auch erreicht.


Die Verkabelungsnormen wurden mit dem Ziel ausgearbeitet, Ordnung in die damaligen recht chaotischen Telefon- und Netzwerkinstallationen aus den Anfängen des Ethernets zu bringen. Damals gab es noch keine branchenübergreifenden Installationsrichtlinien und die Unternehmen hatten einen enormen Zeit- und Kostenaufwand, wenn sie ihre Geräte an die oftmals sehr unterschiedlichen Verkabelungen anschließen wollten.


Die Auswirkungen wären gravierend, wenn der Durchmesser der elektrischen Hauptleitungen in einem Gebäude (Überhitzung/Brände), die Anzahl der Steckdosen pro Leitungsschutzschalter (ständiges Auslösen der Sicherungen), die maximale Kabellänge (Spannungsabfälle/nicht funktionierende Geräte) und die Steckerpolarität (beschädigte Geräte) nicht definiert wären. Die Normen ISO 11801 und TIA 568 legen die einheitlichen Vorgehensweisen fest, um zu gewährleisten, dass jedes Ethernet-Gerät an ein normenkonform installiertes Verkabelungssystem ohne Probleme angeschlossen und betrieben werden kann.


Permanent Link

Die fest installierte Verkabelung, die alle Netzwerkgeräte miteinander verbindet, wird als Permanent-Link (PL) bezeichnet. Der PL führt zu einem Patchfeld (Buchse) im Verteilerraum und kann bis zu 90 Meter lang sein. Auf der Geräteseite endet dieser mit einer weiteren Buchse in einer TK-Anschlussdose. Anschlusskabel bzw. Patchkabel mit einer Gesamtlänge von 10 Metern können dazu genutzt werden, um den Netzwerk-Switch und die Netzwerkgeräte mit dem PL zu verbinden. Die maximal zulässige Länge des Kanals oder Channels (CH), der aus PL und Anschlusskabel besteht, beträgt 100 Meter.


Permanent Link (eckige Klammer = RJ45-Buchse)


]--------90 m max.--------[


Ein Channel mit den angeschlossenen Netzwerkgeräten (spitze Klammer = RJ45-Stecker)


|Netzwerk-Switch [ <----5 m Kabel----> ]--------PL--------[ <---- 5 m Kabel----> ] Netzwerkgerät|


Beim Testen eines PL wird ein Zertifizierer mit speziellen Testleitungen und abgestimmten RJ45-Steckern angeschlossen, damit an beiden Enden der Übertragungsstrecke die Leistung gemessen werden kann. Die Messergebnisse werden anschließend mit den Normen verglichen, um zu ermitteln, ob der installierte PL den Zertifizierungsanforderungen gerecht wird (Gut/Schlecht-Ergebnis).


Das untenstehende Schema illustriert den Testaufbau beim Überprüfen eines PL mit einem Kabelzertifizierer. Die spitze Klammer steht für abgestimmte RJ45-Stecker, die Teil der Testleitung des Zertifizierers sind. Die grün gekennzeichnete Strecke wird während des Tests gemessen. Der rot gekennzeichnete Abschnitt wird bei diesem Test nicht überprüft.


|Zertifizierer|Testleitung --------> ]--------PL--------[ <-------- Testleitung|Zertifizierer|

Kabelzertifizierer messen kleinste Signalveränderungen bei hohen Frequenzen und nutzen anbieterspezifische (proprietäre) Testleitungen und Steckverbinder, um eine hohe Genauigkeit und Reproduzierbarkeit zu gewährleisten. Ein Abstimmverfahren erzeugt „zentrierte“ Steckverbinder, die beim Anschluss an eine Buchse immer das gleiche Messverhalten zeigen. Daher geben Zertifizierer unterschiedlicher Hersteller mit einer zugelassenen Testleitung beim Testen der gleichen Buchse stets das gleiche Messergebnis aus


Kanäle

Kabelzertifizierer können auch Kanäle (Channel) testen, die mit einem Stecker anstatt mit einer Buchse abgeschlossen sind. Allerdings wird hier die Verbindung zwischen dem Channel-Adapter und dem Patchkabel nicht überprüft, da die Buchse im Adapter nicht zentriert ist.

Eine nicht zentrierte Buchse kann nicht zum Testen der Leistung eines Steckers verwendet werden.


|Zertifizierer|Testleitung --------> ]--------PL--------> ] CH-Adapter|Zertifizierer|

 

MPTL-Strecken

Ein „Modular-Plug-Terminated-Link“ (MPTL) ist wie ein Permanent Link (PL), nur dass ein Ende mit einer Buchse und das andere Ende mit einem Stecker abgeschlossen ist. Die Unterstützung von MPTL-Strecken wird erst jetzt in die IEC- und TIA-Verkabelungsnormen aufgenommen, obgleich diese Kabel bereits seit vielen Jahren auf dem Markt sind und installiert werden.


]--------MPTL 90 m max.-------->


Jetzt könnte man der Annahme sein, dass beim Zertifizieren einer MPTL-Strecke lediglich der Adapter am Zertifizierer gewechselt werden muss, so dass an einem Ende die Testleitung mit Stecker und am anderen Ende der Adapter mit der Buchse angeschlossen werden. Leider ist das nicht so einfach. Die Leistungsmessung am Stecker-Ende der MPTL-Strecke ist mit einem höheren Aufwand verbunden.


|Zertifizierer|Testleitung -------->]--------MPTL-------->] CH-Adapter|Zertifizierer|


Wie bereits erwähnt, ist eine nicht zentrierte Buchse zum Testen der Leistung eines Steckers nicht einsetzbar. Ein einfacher Adapterwechsel am Zertifizierer bedeutet nicht zwingenderweise, dass damit eine MPTL-Strecke getestet werden kann. Je nach Gerätehersteller ist es unter Umständen nicht möglich, mit dem Standard-Channel-Adapter auch den Stecker zu testen. Wenn das nicht beachtet wird, besteht die Gefahr, dass minderwertige Stecker oder eine mangelhafte Steckverbindung übersehen werden und demzufolge die benötigte Leistung nicht bereitgestellt wird.


Die einzige Möglichkeit, eine MPTL-Strecke einwandfrei und genau zu testen, besteht darin, einen Channel-Adapter zu verwenden, der die spezifische zentrierte Buchse besitzt, die für die Zertifizierung von Steckern unverzichtbar ist. Für manche Zertifizierer muss der Anwender einen teuren Testadapter für Patchkabel kaufen oder eine spezielle Patchkabel-Testleitung (PC) mit einer zentrierten Buchse verwenden, um die geforderte Genauigkeit zu erreichen.


|Zertifizierer|Testleitung -------->]--------MPTL-------->]-----PC-Testleitung--->] CH-Adapter|Zertifizierer|


Zertifizierer von IDEAL Networks unterstützen das Testen von MPTL-Strecken, denn der Standard-Channel-Adapter für die Kategorie 6A besitzt bereits eine zentrierte Buchse und macht weiteres Zubehör unnötig. Mehr als die 6A-Standardadapter für Permanent Link (PL) und Channel (CH) sind nicht erforderlich.


|LanTEK PL -------->]--------MPTL-------->] LanTEK CH|

 


Fehlerquellen bei der MPTL-Zertifizierung

Beim Installieren und Zertifizieren von MPTL-Strecken sind folgende Fehlerquellen zu berücksichtigen:

  • Nicht alle im Feld installierten RJ45-Stecker erfüllen die Leistungsanforderungen der ISO/IEC & TIA Standards
  • Stecker der Kategorie 5e bestehen den Zertifizierungstest wahrscheinlich mit einem geringen Mehraufwand.
  • Bei Steckern der Kategorie 6 sollte geprüft werden, ob sie die Leistungsvorgaben für Komponenten erfüllen. Hier ist eine sorgfältige Installation erforderlich, damit die Zertifizierung bestanden wird.
  • Im Feld installierte Stecker der Kategorie 6A sind relativ neu auf dem Markt. Die Steckertypen, deren Leistung eine Zertifizierung ermöglicht, sind noch sehr teuer und kosten 2 bis 10 Euro pro Stück.

Wenn die Tests nach den TIA-Normen durchgeführt werden, ist die Längenbeschränkung von 90 Meter zu beachten. Die TIA-Normen legen fest, dass der Test bei einer MPTL-Streckenlänge von mehr als 90 Metern als nicht bestanden auszugeben ist.

  • Die ISO/IEC-Normen hingegen geben die Kabellänge nur zur Information an, so dass Strecken von über 90 Metern Länge nicht notwendigerweise mit einem Fehler bewertet werden. Allerdings bestehen MPTL-Strecken von mehr als 90 Metern bei der Messung der Einfügedämpfung und/oder des Widerstandes, die sich proportional zur Länge erhöhen, die Zertifizierung unter Umständen nicht.

Vor der Zertifizierung von MPTL-Strecken sollten beim Hersteller des Zertifizierers die entsprechenden Spezifikationen erfragt werden. Sonst könnte es sein, dass für den Test die verkehrten Adapter oder eine falsche Software verwendet werden.

Das Testen von MPTL-Strecken ist eine neue Herausforderung und die Tester-Hersteller bieten diese Funktion erst seit Kurzem an. Da nicht alle Tester diese Aufgabe in der gleichen Weise lösen, wird dieses Thema noch solange für einige Verwirrung sorgen, bis diese Messung allgemein anerkannt ist. Zudem sollte man bedenken, dass sich die Testlösungen im Laufe der Zeit auch geringfügig ändern können, da die Hersteller Möglichkeiten finden, auf diese neue Testanforderung zu reagieren.

Dan Payerle Barrera

Dan Payerle Barrera ist Global Product Manager, Kabeltester, bei IDEAL Networks